Über den Messengerdienst Telegram werden angeblich zahlreiche strafbare Inhalte verbreitet. Für deutsche Behörden ist die Betreiberfirma kaum greifbar, wie Unterlagen zeigen, die WDR, NDR und „SZ“ vorliegen.
In den Al Kazim Towers von Dubai, in den Büros 2301 und 2303 im 23. Stock, residiert ein Unternehmen, das manche für eines der gefährlichsten der Welt halten. Hier liegt der Firmensitz der „Telegram FZ-LLC“. Der Messengerdienst Telegram ist eines der populärsten sozialen Netzwerke. Die Nutzer können darüber verschlüsselt kommunizieren, Fotos, Videos und andere Daten austauschen.
Und es gibt dort zahlreiche sogenannte Kanäle, auf denen nahezu unkontrolliert Hass, Hetze, rassistische und antisemitische Inhalte, Verschwörungsmythen über Corona oder islamistische Terrorpropaganda verbreitet werden. Auch Drogen oder auch gefälschte Impfpässe werden über Telegram angeboten.
Eine Bußgelddrohung in die Wüste
Am 28. April dieses Jahres schickte das deutsche Bundesamt für Justiz in Bonn ein ungewöhnliches Schreiben mit dem Aktenzeichen VIII2 – 4090/2 – 6E – 7 – 0 – 1/2021 an die Adresse von Telegram in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
„Sehr geehrte Damen und Herren“, heißt es in dem Brief, „als Anbieterin von Telegram betreiben Sie ein soziales Netzwerk mit mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern in Deutschland.“ Damit unterliege Telegram dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz von 2017 und sei verpflichtet, strafbare Inhalte zu sperren und zu melden. Telegram aber komme dieser Verpflichtung nicht nach. „Der ordnungswidrige Zustand wurde durch Fertigung von Screenshots beweisgesichert“, schreiben die deutschen Beamten. Nun drohe ein Bußgeld von „bis zu fünfzig Millionen Euro“
Das Schreiben aus Bonn ist ein verzweifelter Versuch der deutschen Justiz, die Kommunikationsplattform dazu zu bringen, sich an hierzulande geltende Gesetze zu halten. Denn Telegram ist bislang für Behörden kaum greifbar. Lange Zeit war unklar, wo die Firma überhaupt residiert, wie viele Mitarbeiter sie hat, wie die Führungsriege des Unternehmens aussieht und wie viel Geld mit dem Messengerdienst verdient wird.
Ein Gründer mit schillernder Vergangenheit
Telegram ist die Erfinder des 37 Jahre alten Russen Pawel Durow, der in seinem Heimatland bereits mit seinem Bruder das soziale Netzwerk VKontakte aufgebaut hat. Als die russischen Behörden den Druck erhöhten und die Firma zur Herausgabe von Daten zwingen wollten, ging Durow ins Ausland. Zeitweise soll er in Berlin gelebt haben und gründete schließlich Telegram.
Heute gilt Durow als Milliardär, sein Wohnsitz liegt in den Vereinigten Arabischen Emiraten, er besitzt auch noch die Staatsbürgerschaft des Karibikstaates St. Kitts & Nevis.
Alternative zu Telegram wäre:
Ich mache mir ständig Sorgen um mein Kind und das Internet, obwohl es noch zu jung ist, um sich einzuloggen. Hier ist, worüber ich mir Sorgen mache. Ich mache mir Sorgen, dass sie in 10 oder 15 Jahren zu mir kommt und sagt Papa, wo warst du, als sie dem Internet die Pressefreiheit genommen haben
Es ist nicht nur Telegram, denn es gibt auch P2P Netze die noch fragmentierter und mit einer extremen Verschlüsselung arbeiten.
Der König des Underground Networking:
Hier gibt es bei einer korrekten Konfiguration nichts zu knacken. Kombinierbare Verschlüsselungen. Dezentral ohne Server.
Eine rechtsfreie Zone?
Telegram hat den Ruf, dass dort keine Inhalte gelöscht oder zensiert werden – und dass es auch keine Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen gibt. In Ländern wie Iran, Belarus oder Syrien wird Telegram auch von Oppositionellen und Regimekritikern genutzt und gilt oftmals als unverzichtbar für sichere, anonyme Kommunikation.
Deutschen Behörden allerdings ist der Messengerdienst schon lange ein Dorn im Auge: Extremisten und Terroristen unterschiedlichster Ideologien tummeln sich dort und müssen anders als bei Facebook, Twitter oder Instagram keine Löschaktionen oder gar Identifizierung fürchten.
So werden über Telegram beispielsweise seit Beginn der Pandemie angeblich wirrste Verschwörungserzählungen, Desinformation und angebliche Fake News über das Virus und Impfstoffe verbreitet. Die Kanäle haben teilweise mehrere Zehntausend Follower. Auch angebliche Morddrohungen und Aufrufe zu Attentaten gegen Politiker, Wissenschaftler und Journalisten finden sich bei Telegram, teilweise werden Privatadressen und andere persönliche Informationen verbreitet.
Austausch über Mordpläne
Erst vor wenigen Tagen wurde durch Recherchen des ZDF-Magazins „Frontal21“ bekannt, dass sich offenbar radikale Impfgegner in einer Telegram-Chatgruppe über Mordpläne gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer ausgetauscht haben sollen. Ein Gruppenmitglied soll in einer Sprachnachricht behauptet haben, er habe sich bereits bewaffnet und Munition beschafft. Inzwischen ermittelt das Landeskriminalamt in dem Fall.
In den Sicherheitsbehörden ist man überzeugt, dass einige Inhalte, die bei Telegram ungehindert ausgetauscht und ausgesendet werden, zur Radikalisierung der sogenannten „Querdenker“ beitragen. Ebenso gibt es Fälle, in denen Beispielsweise Terrororganisationen wie der „Islamische Staat“ (IS) über den Messengerdienst Attentäter angeworben und sogar angeleitet haben. Etwa Anis Amri, den Terroristen, der im Dezember 2016 mit einem gekaperten Lastwagen in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz raste.
Innenminister wollen Druck erhöhen
Schon länger bemühen sich die deutschen Behörden, den Druck auf Telegram zu erhöhen. Auf der vergangenen Innenministerkonferenz in Stuttgart verabschiedeten die Innenminister von Bund und Ländern eine Erklärung, in der es hieß das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das das Löschen und Melden von Hetze und Drohungen auf Plattformen vorschreibt, müsse dringend ergänzt werden, um „auch Messengerdienste wie etwa Telegram“ zu erfassen.
Im Bundesministerium für Justiz ist man schon seit Ende 2020 davon überzeugt, dass Telegram auch dem NetzDG unterliegt. Denn der Messengerdienst diene eben nicht nur dem Austausch zwischen einzelnen Personen, sondern biete Mediendienstleistungen an. Telegram, so heißt es im Schreiben des Bundesamtes für Justiz, das dem Justizministerium unterstellt ist, sei dazu verpflichtet, genau wie Google oder Facebook einen „Zustellungsbevollmächtigten“ in Deutschland zu benennen. Und es müsse den Nutzern ein einfaches Verfahren zur Verfügung stellen, um strafbare Inhalte zu melden.
Hoffen auf Amtshilfe
Nicht nur an Telegram ging im Frühjahr ein Schreiben aus Deutschland. Auch die Behörden in Dubai bekamen Post. „Nach internationalen Grundsätzen der Höflichkeit und Gegenseitigkeit“, steht in dem Schreiben, bitte man das Justizministerium der Vereinigten Arabischen Emirate um Rechtshilfe. Die Erfahrung habe gezeigt, so heißt es im deutschen Justizministerium, dass es wohl einige Zeit dauern werde, bis man eine Antwort bekommt.
Die Beamten in Bonn hatten Telegram in ihrem Schreiben aus dem April eine zweiwöchige Frist für eine Rückmeldung gesetzt. Anderenfalls werde man „nach Aktenlage“ entscheiden und müsse ein Bußgeld verhängen. Bis heute gibt es keine Antwort.
„Pegasus-Projekt“ Telegram-Gründer auf der Ausspähliste
Telegram ist eine der beliebtesten Apps weltweit. Ihr Erfinder Pawel Durow ist stolz, dass Behörden die Nutzer nicht ausspähen können. Recherchen zeigen nun, dass er selbst wohl ins Visier geriet.
Pawel Durow ist so etwas wie ein Geist. Der 36-jährige Russe tritt nur selten in der Öffentlichkeit auf. Wenn, dann trägt er meist Schwarz, den Kragen von Sakko oder Mantel hochgeklappt. Sein Aussehen erinnert dann an die Figur „Neo“ aus dem Film „Matrix“. Durow sieht sich als Rebell, als Kämpfer für Meinungsfreiheit und gegen staatliche Überwachung. Er ist der Mann hinter Telegram, einem der beliebtesten Chat-Programme der Welt.
Rund 500 Millionen Nutzer weltweit soll Telegram mittlerweile haben. Es ist so etwas wie die anarchistische Version von WhatsApp. Über Telegram können Nutzer verschlüsselt miteinander kommunizieren. Es gibt sogar die Möglichkeit, dass sich Nachrichten automatisch löschen. Nahezu alles kann auf Telegram veröffentlicht werden, eine Zensur oder Kontrolle findet kaum statt. Auch deshalb ist die App beliebt bei Oppositionellen in Belarus oder Iran. Aber auch bei Terroristen, Extremisten, Verschwörungsideologen und Kriminellen – sie nutzen die Plattform, um etwa Drogen zu verkaufen.
2018 zum Ziel geworden
Durow lehnt eine Zusammenarbeit mit Behörden ab. Telegram liefert ihnen keine Daten, nicht einmal zur Strafverfolgung. Die App ist daher vielen Geheimdiensten und auch autoritären Regimen ein Dorn im Auge. Recherchen des „Pegasus-Projekts“ legen nun nahe, dass der Telegram-Chef offenbar selbst zum Ziel einer Überwachungsaktion wurde.
Durows britische Handynummer, die lange mit seinem Telegram-Profil verknüpft war, findet sich auf einer Liste von rund 50.000 Telefonnummern, die von Kunden der israelischen Firma NSO als potenzielle Ausspähziele ausgewählt wurden. In seinem Fall waren es wohl Behörden in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die sein Handy Anfang 2018 mit der umstrittenen Spionagesoftware „Pegasus“ ins Visier nahmen.
„Pegasus-Projekt“
Im Mittelpunkt der Recherche steht die Software „Pegasus“, die von der israelische Firma NSO entwickelt wurde. Nach eigenen Angaben stellt sie das Programm nur staatlichen Stellen zur Verfolgung von Kriminellen oder Terroristen zur Verfügung.
Im Rahmen des „Pegasus-Projekts“ haben Journalist:innen eine Liste von mehr als 50.000 Telefonnummern analysiert, zu denen die Pariser Non-Profit-Organisation Forbidden Stories und Amnesty International Zugang bekommen hatten. Bei den Nummern handelt es sich um Ziele, die Kunden der Firma als mögliche Ziele für Überwachungsmaßnahmen eingegeben haben.
An der Recherche beteiligt waren in Deutschland die Wochenzeitung „Die Zeit“, die „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR. Weltweit waren Medien wie die „Washington Post“ in den USA, der britische „Guardian“ sowie „Le Monde“ in Frankreich beteleigt. Koordiniert wurde die Zusammenarbeit von Forbidden Stories. Das Security Lab von Amnesty International trug technische Unterstützung und die forensische Analysen von Handys bei.
Durow antwortet nicht
Ob es tatsächlich zu einer Infektion von Durows Handy mit dem Trojaner kam, ist nicht bekannt. Durow ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet, ebenso wie die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate.
Der Hersteller der „Pegasus“-Software, die Firma NSO, äußert sich nicht zu konkreten Kunden. Auch zur Information, dass Durows Nummer auf der Liste gefunden wurde, reagierte sie nicht. Generell teilte NSO auf Anfrage der am „Pegasus-Projekt“ beteiligten Medien mit, dass die Berichte „voller falscher Annahmen und unbestätigter Theorien“ seien. In einer weiteren Stellungnahme schrieb ein NSO-Sprecher, bei der Telefonliste handele es sich um gefälschte Informationen. Es sei keine Liste mit Zielen oder möglichen Zielen von NSO-Kunden. Die Firma habe auch keinen Zugang zu Daten ihrer Kunden.
Im Konflikt mit dem Staat
Durow stammt aus St. Petersburg, er wuchs in Italien und Russland auf. Er studierte Philosophie und entwickelte dann 2006 mit seinem Bruder, einem Programmierer, das soziale Netzwerk VKontakte (VK). Es ist eine Art russisches Facebook, weshalb Durow auch „Russlands Mark Zuckerberg“ genannt wird.
Im Jahr 2014 dann kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem russischen Staat. Die Behörden verlangten von dem Jungunternehmer die Daten von ukrainischen Demonstranten. Außerdem forderten sie VK auf, das Profil des Oppositionellen Alexej Nawalny zu löschen.
Durow weigerte sich. Er verkaufte die Anteile an dem sozialen Netzwerk für viele Millionen und ging ins Ausland. Das Vermögen des zweifachen Vaters wird heute auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.
Zusammen mit einem Team von Programmierern soll Durow im Exil das Chat-Programm Telegram entwickelt haben. Das Unternehmen blieb lange ein Phänomen, ähnlich wie sein Gründer. Telegram verfügte über keine offizielle Anschrift, Behördenanfragen wurden nicht beantwortet. An einer Berliner Adresse, die zwischenzeitlich auftauchte, gab es wohl nie echte Büros.
Büro im Steuerparadies Dubai
Mittlerweile aber gibt es ein Art Hauptquartier. Es befindet sich im 23. Stock eines Hochhauses in Dubai. Warum die Betreiber von Telegram ausgerechnet das Emirat, das als Überwachungsstaat gilt und in dem Kritiker des Herrscherhauses verfolgt werden, als Niederlassung gewählt haben, ist unklar. Es waren vermutlich steuerliche Gründe.
Er freue sich über die nicht vorhandene Unternehmenssteuer, sagte Telegram-Entwickler Durow einmal in einem Interview. Vor den Behörden in Dubai fühlte er sich allerdings augenscheinlich sicher. „Wenn ich schwul wäre, wäre es hier etwas schwieriger für mich“, so Durow im Dezember 2017. Kurz darauf wurde seine Handynummer offenbar von den emiratischen Behörden als Ziel für die Überwachungssoftware „Pegasus“ ausgewählt.
Wo Pawel Durow heute lebt, bleibt weiterhin ein Rätsel. Einen festen Wohnsitz hat er offenbar nicht. Er soll neben der russischen Staatsbürgerschaft auch einen Pass des karibischen Inselstaates St. Kitts und Nevis besitzen, gewohnt hat er dort aber wohl nie. Durow bleibt ein Geist.
Hackerangriff auf Telegram – aus China?
Der Messengerdienst Telegram ist nach eigenen Angaben Ziel eines großangelegten Hackerangriffs geworden. Die Attacke komme aus China, erklärte Telegram-Chef Durow. Er sieht einen Zusammenhang mit den Protesten in Hongkong.Hacker haben einen großangelegten Angriff auf den Messengerdienst Telegram gestartet. Die Attacke auf das verschlüsselte Netzwerk sei größtenteils von China aus gestartet worden, erklärte Telegram-Gründer Pawel Durow auf Twitter.Es handelte sich demnach um eine sogenannte DDoS-Attacke, mit der die Angreifer ihr Ziel durch Überlastung lahmlegen wollten. In vielen Regionen der Welt kam es vorübergehend zu Verbindungsproblemen. Daten von Nutzern seien aber nicht gehackt worden.
Proteste in Hongkong lahmlegen?
Durow sieht einen Zusammenhang mit den derzeitigen Massenprotesten in Hongkong. Seinen Angaben zufolge hatten sich vergleichbaren Hackerangriffe, in die staatliche Akteure involviert gewesen seien, in der Vergangenheit immer zeitgleich mit Protestbewegungen in Hongkong ereignet. „Dieser Fall war keine Ausnahme.“
Bei den schweren politischen Unruhen in Hongkong organisieren sich viele Aktivisten über Telegram, um so der Überwachung durch die chinesischen Behörden zu entkommen. Auf dem chinesischen Festland ist der Onlinedienst nicht verfügbar, die Bewohner der einstigen britischen Kronkolonie haben jedoch Zugang.
Telegram gilt vielen Usern wegen der dezentralen Verschlüsselung als besonders sichere App. Deshalb wird sie von Protestbewegungen, wie etwa in Russland oder im Iran, aber auch von kriminellen Gruppierungen, wie der Terrormiliz IS, genutzt. Russland ließ den Dienst zeitweise komplett blockieren in seinem Land.
Streit um Auslieferungsgesetz
Seit Tagen protestieren Hunderttausende Menschen in Hongkong gegen ein umstrittenes Auslieferungsgesetz. Hauptverkehrsstraßen und das Regierungsviertel wurden blockiert, es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. 70 Menschen wurden verletzt. Am Sonntag waren bis zu eine Million Menschen auf die Straße gegangen.
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