Vor einer Woche habe ich einen offenen Brief mit dem Titel „Aufarbeitung (m)einer Diffamierung“ an die Redaktion des STANDARDs geschickt. Anfang dieser Woche kam ein lapidares Schreiben, dass dieser weitergeleitet wurde. Sonst nichts. Ich glaube nicht, dass da noch etwas kommt. Deshalb mache ich das Schreiben auf diese Weise öffentlich.
Sehr geehrte STANDARD-Redaktion,
Der STANDARD hat vor ein paar Tagen den Transparenzblog „So sind wir“ – https://bit.ly/3WVIBu3 – begonnen. Dort berichtet die STANDARD-Redaktion über die eigene Arbeitsweise, nach welchen medienethischen Grundregeln sie handelt, aus welchen Fehlern sie lernt und macht Selbstreflexion öffentlich.
In den letzten zwölf Monaten tauchte mein Name in genau zwei STANDARD-Artikeln auf. In beiden wurde ich diffamiert. Dies ist der Versuch (m)einer Aufarbeitung, mein Transparenzblog. Das Groteske an der Geschichte ist, dass ich im Jahr 2020 sogar Mitglied einer informellen Expertengruppe des STANDARDs war. Allerdings war ich nicht bequem. Kritisierte auch die journalistische Arbeit, die eindimensionale medizinisch-virologische Berichterstattung, die Angstmacherei und andere Aspekte. Ende 2020 habe ich einer STANDARD-Journalistin gesagt: „Ich stehe nur mehr für ein Interview zur Verfügung, wenn der Artikel in dem ich zitiert werde, nicht noch mehr verwirrt, spaltet, oder unnötig Ängste schürt.“ Vielleicht habe ich mit meinem kritischen, selbstbewussten und unabhängigen Wesen den Zorn der STANDARD-Redaktion geschürt. Ich weiß es nicht.
Erste Diffamierung
Am 21. März 2022 hat die STANDARD-Redakteurin Colette M. Schmidt am Ende eines längeren Kommentars – https://bit.ly/3A9pjYn – über Bildungsminister Martin Polaschek geschrieben: „Dass jemand, der sein ganzes Berufsleben selbst im Dienst der Wissenschaft stand, derart ignorant mit dieser umgeht, ist enttäuschend. Die Unabhängige Lehrer:innengewerkschaft forderte nun Polascheks Rücktritt. Das ist nicht verwunderlich. Bildung ist ein Menschenrecht. Diese ohne unausweichliche Infektionen zu ermöglichen wäre der Job eines Bildungsministers. Unwahrheiten zu verbreiten ist es jedenfalls nicht.“
Der Grund warum die STANDARD-Redakteurin Bildungsminister Polaschek „ignorant und enttäuschend“ findet, ist dessen Weigerung die Maskenpflicht in den Schulen wieder einzuführen. Ich empfand diese Attacke gegen den ehemaligen Rektor der Universität Graz, er würde „Unwahrheiten verbreiten“ und „ignorant mit der Wissenschaft“ umgehen, als unfair, in der Wortwahl unangemessen und die Forderung nach einem weitgehend infektionsfreien Bildungsbereich als unwissenschaftlich.
Also habe ich den letzten Absatz des STANDARD-Artikels gespiegelt und mit einem fast identen Wortlaut, wie ihn die STANDARD-Redakteurin Colette M. Schmidt verwendet hat, am 22. März auf Facebook geschrieben: „Dass jemand, der sein ganzes Berufsleben als Journalistin im Dienst einer objektiven Information der Bevölkerung stand, derart ignorant mit Wissenschaft umgeht, ist enttäuschend. Ja, Bildung ist ein Menschenrecht. BITTE erklären Sie uns, wie Sie das OHNE Infektionen (heute und in Zukunft) ermöglichen wollen – Danke! Unwahrheiten zu verbreiten ist jedenfalls nicht das geeignete Mittel.“
Ich freue mich über kritischen Journalismus, erwarte mir aber auch, dass dieser ebenfalls Kritik zulässt und aushält. Eigentlich hätte es hier enden müssen. Kritik und Gegenkritik. Die Kritik der STANDARD-Redakteurin Colette M. Schmidt war als Kommentar gekennzeichnet und entspricht somit ihrer persönlichen Meinung. So wie mein Kommentar ebenfalls meiner persönlichen Meinung entspricht.
Die STANDARD-Redaktion sah das anscheinend anders. In Absprache mit der Patientenanwältin Sigrid Pilz und der Lehrergewerkschaft, erschien am 24. März der Artikel „Patientenanwältin Pilz fordert von Ärztekammer Prüfung der Vertrauenswürdigkeit von Martin Sprenger“ – https://bit.ly/3tquRtM – voller Unwahrheiten und falscher Behauptungen. Dass meine persönliche Kritik die persönliche Kritik der STANDARD-Redakteurin fast wortwörtlich gespiegelt hat, wurde mit keinem Wort erwähnt.
Die falschen Behauptungen und Beschuldigungen nie richtiggestellt.
Zweite Diffamierung
Ich habe in den letzten Jahren unzählige Interviews gegeben, Artikel und Kommentare geschrieben. So habe ich mir (zu) wenig dabei gedacht, als mich am 27. Juli 2022, im Rahmen eines Bürgertreffens in Pettenbach (OÖ), zwei eher alternativ wirkende Personen um ein Interview baten. Das Motto des Abends war „Miteinander Reden“ und das Gespräch war eines von vielen.
Am 08. August 2022, ich bin gerade mit meiner Familie in den französischen Alpen und mein Handy ist nur zufällig eingeschaltet, ruft mich Martin Tschiderer vom STANDARD an. Das Gespräch war seltsam, der Grund aber klar. Ich hätte am 27. Juli dem Sender AUF1 ein Interview gegeben. Auf meine Frage, ob die Inhalte des Gesprächs auf Kritik gestoßen sind, erhielt ich die Antwort: Nein, der Inhalt bzw. meine Aussagen wären vollkommen in Ordnung gewesen, aber der Sender AUF1 ist das Problem. Ich stand also da, mitten im Nirgendwo, und stammelte ein paar Sätze ins Telefon. Nach dem Auflegen war ich noch ein paar Minuten vollkommen baff, denn es war klar, es wird einen weiteren Artikel im STANDARD geben, in dem mein Name steht.
Am 10. August erschien er. „Früheres Corona-Taskforce-Mitglied Sprenger gab Verschwörungssender Auf1 Interview“ – https://bit.ly/3UAgsHm – Im Artikel von Martin Tschiderer ging es nicht darum wie viele Interviews ich zuvor gegeben habe, was die Inhalte dieses einen besonderen Interviews waren, oder was meine, in unzähligen Artikeln und zwei Büchern dokumentierte Haltung und Sichtweise ist. So wie es im März nur darum ging mich medienwirksam als „Nicht vertrauenswürdig“ zu framen, ging es im August nur darum Emotionen zu schüren, meinen Namen zusammen mit den Namen von Rechtsextremen in einem Artikel zu nennen, mich als „Rechts“ zu framen.
Schlussfolgerungen
Die Methoden von Gerald Fleischmann und der „Message Control“ des Kanzleramts sind in den Leitmedien angekommen. Oder wie Richard David Precht und Harald Welzer in der Einleitung zu ihrem Buch „Die vierte Gewalt“ schreiben: „Sie (Anm.: Die Medien) sind die Vollzugsorgane ihrer eigenen Meinungsmache: mit immer stärkerem Hang zum Einseitigen, Simplifizierenden, Moralisierenden, Empörenden und Diffamierenden.“
Rückblickend haben mir diese Artikel natürlich geschadet. Bei jeder Schmutzkübelkampagne bleibt etwas hängen, auch wenn diese vollkommen unbegründet war. So gesehen hat die STANDARD-Redaktion ihr Ziel erreicht. Für viele Menschen werde ich immer ein „Corona-Leugner“, Covidiot“, „Schwurbler“ oder „Verschwörungstheoretiker“ bleiben. Dabei geht es vor allem um meinen Ruf und mein Ansehen in einer mir unbekannten Öffentlichkeit. Schlimm genug. Privat und beruflich hat es mir nicht geschadet. Ganz im Gegenteil.
Der STANDARD hat das Gleiche in den letzten Jahren auch bei vielen anderen Personen gemacht. Er hat vorgeführt was passiert, wenn sich in einer Redaktion ein „Group Think“ Phänomen entwickelt und jedes Mittel recht ist um andere Meinungen zu diffamieren. Eine Suche auf – www.derstandard.at – ergibt folgendes Ergebnis: „Aluhut“ 3.200 Treffer, „Corona-Leugner“ 1.750 Treffer, „Covidiot“ 147 Treffer, „Querdenker“ 2.540 Treffer, „Schwurbler“ 2.240 Treffer, „Verschwörungstheoretiker“ 6.620 Treffer. Offen bleibt, in welchem Kontext und zu welchem Zweck die Begriffe verwendet wurden. Das sollen Medienwissenschaftler klären. Sicher ist, dass kein seriöses Medium, kein seriöser Journalist, aber auch kein Politiker oder Wissenschaftler, solche Begriffe verwenden sollte, um damit eine andere Meinung zu diskreditieren. Solche Begriffe sind toxisch für jede Debattenkultur, eine offene Gesellschaft, aber auch die Demokratie.
Entschuldigung erwarte ich mir keine. Aber es tut gut solche Ereignisse aufzuarbeiten, zu dokumentieren, meine Sichtweise darzustellen. Vielleicht wird dieser Text ja im STANDARD abgedruckt, ungekürzt und in voller Länge. Für mich wäre das der Beginn einer Rückbesinnung auf jene Debattenkultur für die ich den STANDARD immer geschätzt habe. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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