Pech oder Zufall? Paartherapeut erklärt, warum Menschen in toxischen Beziehungen landen.

Warum geraten Menschen in toxische Beziehungen?

Laut Paartherapeut Christian Hemschemeier liegt das oft an eigenen unbewussten Entscheidungen. Oft hat auch die Kindheit etwas mit der Partnerwahl zu tun.

Nahezu jeder, der sich schon einmal in einer toxischen Beziehung befunden hat, stellt sich danach die Frage, ob es Pech oder Zufall war, an eben diesen Partner geraten zu sein. Doch so schmerzhaft solche Verbindungen auch sind, oft sind sie es, die uns den Startschuss für einen neuen, bewussteren Weg geben und uns persönlich wachsen lassen.

Menschen werden vom Unterbewusstsein gesteuert

Doch alles der Reihe nach. Ist es nun also einfach Pech oder Zufall in toxische Beziehungen oder an narzisstische Menschen zu geraten? Die Antwort ist ganz klar: Nein. Zumindest für mich. Solch ein Standpunkt verstärkt nämlich enorm den Täter-Opfer-Gedanken und wir deklarieren uns quasi selbst zu „handlungsunfähigen“ Personen. Gingen wir davon aus, dass alles zufällig geschehen sei, hieße das im Umkehrschluss, dass uns das immer und immer wieder passieren könnte. Ich finde diesen Gedanken und solch ein Lebensgefühl schrecklich.

Ich sehe es vielmehr so, dass jeder, der in einer toxischen Beziehung war, gewisse Anziehungspunkte oder negative Glaubenssätze in sich trug oder trägt. Oft stammen diese aus der frühen Kindheit oder unserer Jugend und wir tragen sie bis ins Erwachsenenalter mit uns herum. Dies führt dazu, dass wir meist Menschen daten, die unseren Eltern ähneln. Klingt absurd, ist aber leider so. Natürlich machen wir das nicht bewusst, vielmehr steuert uns unser Unterbewusstsein.

Nicht mit dem Finger auf andere zeigen

Wir Menschen sehnen uns immer nach etwas Bekanntem, unabhängig davon, ob dies angenehm oder unangenehm war. Etwas Vertrautes-Schlechtes ist im Zweifel, zumindest für unser Unterbewusstsein, attraktiver als etwas Neues-Gutes. Das ist auch der Grund, warum etwa Kinder von alkoholabhängigen Eltern sich im Erwachsenenalter dysfunktionale Beziehungen „suchen“.

Übertragen auf unser Beispiel bedeutet das, dass wir in einem Partner mit toxischen Verhaltensweisen oft unsere Eltern unbewusst wiedererkennen und uns danach sehnen. Das kann etwa eine unüberbrückbare emotionale Distanz, das nicht Einhalten von Grenzen oder das Kleinmachen des Gegenübers sein. Nun könnte der ein oder andere den Gedanken hegen, dass dann nicht wir schuld daran seien, in eine toxische Beziehung geraten zu sein, sondern vielmehr unsere Eltern.

Doch leider muss ich auch das verneinen. Denn auch unsere Eltern waren einmal Kinder und haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Und wie immer bringt es auch recht wenig, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Denn das würde uns wieder zurück in den Opferstatus katapultieren.

Sichtweise auf toxische Beziehungen verändern

Es gibt sicherlich Familienthemen, die teilweise über zig Generationen vererbt wurden. Aber keine der vorangegangenen Generationen hatte in dem Ausmaß die Kapazität, Energie und Zeit, wie wir sie haben, um daran zu arbeiten. Und wir haben ein anderes Bewusstsein für solche Themen, was maßgeblich daran liegt, dass unsere Grundbedürfnisse wie Nahrung oder Sicherheit gedeckt sind.

Nun liegt es also an uns selbst.

Verändern wir unsere Sichtweise auf toxische Beziehungen und nehmen sie vielmehr als Chance anstatt als Bestrafung wahr, können sie uns dabei helfen, ungesunde Glaubenssätze oder Familienthemen aufzuzeigen. Dies ist dann der erste wichtige Schritt, um diese aufzulösen. Denn nur so wird es uns gelingen, unsere Anziehungspunkte ins Positive zu verändern, damit ungesunde Verbindungen der Vergangenheit angehören. Und viel mehr noch: Wir werden dadurch vom Opfer zum Schöpfer, was eine enorme Kraft in uns freisetzt, mit der wir dann unsere eigene Welt und Realität erschaffen können. Denn wie immer gilt: Veränderungen geschehen immer nur von innen nach außen.

Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein Buch „Der Liebescode“ ist 2019 im Handel erschienen, sein neues Buch wurde im März 2021 veröffentlicht.

 

 




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